Kunststoffe
Kunststoffe sind zu einem zentralen Müllproblem geworden. Vor allem Verpackungsmaterialien tragen zu diesem Müllaufkommen bei. 2017 wurden in Deutschland die meisten Kunststoffe für Verpackungen verbraucht (3,14 Millionen Tonnen). Es folgen Bauwirtschaft (2,65 Millionen Tonnen) und Autoindustrie (1,1 Millionen Tonnen). Von 6 Millionen Kunststoffabfall wurden 2,8 Millionen Tonnen wiederverwertet und 3,2 Millionen Tonnen verbrannt.
Industrieländern gelingt es in der Regel weitgehend, Plastikmüll geordnet zu entsorgen. Dass im Jahr 2020 dennoch über 52 Mt Kunststoffabfall in die Umwelt gelangt sind, liegt an Ländern wie Indien (1/5 des Anteils), Nigeria, Indonesien, China und Pakistan. Dort ist auch das ungefilterte Verbrennen von Kunststoffabfällen gebräuchlich, was hohe gesundheitliche Risiken bedingt.
Der globale Plastikmüll in den Weltmeeren entstammt zu 90 % dem Eintrag von nur 10 Flüssen, davon 8 in Asien und 2 in Afrika. Man muss China dankbar dafür sein, dass es den Europäern den Plastikmüll nicht mehr abnimmt, aber aktuelle Pressemitteilungen legen nahe, dass es inzwischen neue dubiose Wege z.B. in die Türkei gibt, wo unzulänglich aufgetrennter Plastikmüll einen fragwürdigen Verbleib findet. Die Bundesregierung denkt deshalb über ein Exportverbot von Plastikmüll nach.
Derzeit gibt es intensive Bemühungen, gebrauchte Kunststoffe zu verwerten. Es gibt folgende Möglichkeiten:
- Chemisches Recycling
Die Kunststoffabfälle werden dabei hoch erhitzt, so dass sie pyrolytisch in kleinere Moleküle gespalten werden und ein "synthetisches Rohöl" ergeben, aus dem neben Kraftstoffen, Paraffinen und anderen petrochemischen Stoffen auch wieder Kunststoffe gewonnen werden können. Der Vorteil der Methode liegt darin, dass auch Kunststoffgemische verarbeitet werden können. - Biologisches bzw. enzymatisches Recycling
Die Entwicklung von Mikroorganismen oder Enzymen zur Zersetzung von Kunststoffen steckt noch in den Kinderschuhen. Methoden, die im Labor bereits gut funktionieren, sind dann doch noch nicht alltagstauglich, wenn sie auf technischen Maßstab hochskaliert werden. - Mechanisches Recycling
ist die Königsdisziplin bei der Aufarbeitung von Kunststoffabfällen. Der zu betreibende Aufwand ist enorm, denn es müssen nicht nur die Kunststoffsorten vollständig und frei von Verschmutzungen voneinander getrennt werden, sondern die separierten Kunststoffe müssen danach auch noch nach der Farbe sortiert werden. Dafür sind die erhaltenen Granulate ein hochwertiges Ausgangsmaterial zur Produktion neuer Kunststoffartikel. Es entsteht ein geschlossener Kreislauf, bei dem z.B. aus einer PET-Flasche unmittelbar wieder eine PET-Flasche entstehen kann. Noch besser ist es, wenn gleich sortenrein gesammelt wird. Attraktiv sind zum Beispiel Matratzen (Polyurethanschaum). Was schon funktioniert: Getrenntes Sammeln alter CD's und DVD's (Polycarbonat)
Ein Video der MEILO Gesellschaft zur Rückgewinnung sortierter Werkstoffe mbH zeigt sehr eindrucksvoll, wie aufwändig das Sortieren von Kunststoffabfällen ist.
Das mechanische Recycling steckt ebenfalls noch in den Kinderschuhen. Für das chemische Recycling gibt es bereits kommerziell angebotene Lösungen. Beispiele:
- Biofabrik
Mobiler Container ("WASTX plastic"), mit dem Kunststoffabfälle pyrolytisch aufgearbeitet werden. - Plasma Power B.V.
Pyrolytische Aufarbeitung verschmutzter Kunststoffabfälle - OMV-AG
ReOil: Stationär betriebene Anlage für den 24-Stunden-Betrieb. - BASF
engagiert sich im "ChemCycling™-Projekt.
Aktuell verwendete oder noch vorhandene Kunststoffe können leider eine Vielzahl von Stoffen enthalten, z.B. Pestizide oder Arzneistoffe. Das kann die Verwendungsfähigkeit von Rezyklaten erheblich einschränken.
Schülerlabore
- In Österreich gibt es den Verein kunst|stoff (Verein zur Sensibilisierung für Kunststoffrecycling), der Workshops zum recykeln von Kunststoff anbietet, wobei kleine, z.T. selbst entwickelte Maschinen verwendet werden, z.B. ein zum Kunststoffshredder umgebauter Heimtrainer.
- Mit ähnlicher Zielsetzung agiert die internationale Platform Precious Plastic.
- Kleine (Labor-)Maschinen zum Recyceln von Plastik bekommt man bei Plasticpreneur® oder im Precious Plastic Bazar.
Was kann man selbst tun?
Natürlich Plastikverpackungen möglichst vermeiden oder sie wenigstens mehrfach nutzen.
- Die meisten Tüten lassen sich mehrfach verwenden. Sind sie verschmutzt, dann können sie als Mülltüte downgecycelt werden. Das schließt auch die sog. "Hemdchentüten" ein, die z.B. als Einmalverpackung beim Kauf von Obst und Gemüse verwendet werden.
- Immer mehr Lebensmittelgeschäfte ermöglichen das Verpacken von gekauften Lebensmitteln in eigenen Tüten oder Behältnissen. Wenn das nicht durch Aushang im Laden bekanntgegeben wird, lohnt das Nachfragen.
- Auf Märkten gibt es in der Regel unverpackte Ware, die nach dem Kauf unproblematisch auch in eigenen Behältnissen mitgenommen werden kann.
Weiterführende Links
- Stoffstrombild Kunststoffe in Deutschland 2017 - Kurzfassung
Plastics Europe Deutschland e.V. (Verband der Kunststofferzeuger) - Marktdaten zur Kunststoffindustrie
(Plastics Europe Deutschland e.V.) - Plastik in der Landwirtschaft
NABU-Studie 2021 - BioSinn – Steckbriefe
sinnvoll biologisch abbaubarer Produkte auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen
(nova-Institut / Hürth - 2021) - Mehr Schwung für PET-Recycling durch höhere Standards für Laborexperimente
Schwierigkeiten beim Upscaling von Experimenten zum PET-Recycling - J.W.Cotton, E.Cook, C.A.Velis "A local-to-global emissions inventory of macroplastic pollution"